Spanien
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bullet Literatur

Alberdi, Cristina, La abogacía, Madrid 1993; Ferreiro, José Juan / Miguel, Juan / Mir, Santiago / Salvador, Pablo, La ensenanza del derecho en Espana, Madrid 1987; Hirte, Heribert/Mock, Sebastian, Die Juristenausbildung in Europa vor dem Hintergrund des Bologna-Prozesses, in: JuS Beilage 12/05 S.3 ff; Kaysers, Konstantin, Jurastudium und LL.M. in Spanien - Erfahrungen und ein Überblick, JuS Magazin 2/05 S. 22f.; Rojas, Dolores / Sangüesa, Agustina, La carrera de derecho - estudios y salidas professionales, Barcelona 1991; Serrano Butragueno, Ignacio, Las mejores salidas de la carrera de derecho, Madrid 1993

 
bullet Hochschulstudium
 
bullet Zugang

Primäre Voraussetzung für den Zugang zur Universität ist das "bachillerato", welches dem deutschen Abitur entspricht, oder ein vergleichbarer Abschluss.

Um sich an einer spanischen Universität einschreiben zu können, muss der Bewerber zudem ein Prüfungsverfahren ("selectividad") durchlaufen. Ziel der "selectividad" ist die Überprüfung der Eignung der Bewerber zum Hochschulstudium im Hinblick auf ihre akademische Reife. Zunächst wird der allgemeine Bildungsstand des Bewerbers in Bezug auf das Verständnis von Konzepten, den Gebrauch der Sprache und die Fähigkeit des Analysierens von Problemen untersucht. Der zweite Teil der Prüfung beschäftigt sich in Grundzügen mit den fachspezifischen Kenntnissen des Bewerbers. Absolviert der Bewerber beide Prüfungsteile erfolgreich, hat er sich für das universitäre Studium qualifiziert.

Da es für Jura sehr viele Studienplätze gibt und die Zulassungsanforderungen relativ niedrig sind, erhält fast jeder Bewerber auch einen Studienplatz. Die Universitäten erheben für das Studium Gebühren.

bullet Studienplan

Die juristische universitäre Ausbildung in Spanien befindet sich im Wandel. Im Jahre 2000 ist ein neuer Studienplan in Kraft gesetzt worden (Plan de Estudios 2000). Der alte Studienplan (Plan de Estudios 1953) gilt nur noch für Studenten, die vor 2000 ihr Studium begonnen haben und läuft Ende 2004 aus. Nachfolgend wird nur der neue Studienplan berücksichtigt.

Ein spanischer Student hat durchschnittlich 20 - 24 Wochenstunden Unterricht. Dabei sind die meisten Fächer Pflichtfächer. Die Bedeutung des Wahlfachs ist der im deutschen Studium vergleichbar. Der spanische Student wird also auch zum Einheitsjuristen ausgebildet.

Der Student muss eine bestimmte Zahl von Credit Points erreichen, um den Universitätsabschluss zu bekommen.

Die Studiengebühren für einen "curso" (1 Studienjahr) betragen ca. 500 Euro. Für nicht bestandene Prüfungen gibt es Strafgebühren. Bei überdurchschnittlichen Leistungen in einem Fach (Matrícula de Honor) bekommt der Student in einem Fach die Gebühren erlassen.

Link: Studienplan der Universität Zaragoza

Studienplan der Universität Salamanca

bullet Studiendauer

Die Studiendauer beträgt (mindestens) vier Jahre. Diese Regelstudienzeit wird von den meisten Studenten jedoch nicht eingehalten, sondern oft um ein bis zwei Jahre überschritten.

bullet Didaktik

Die Vorlesungen mit meist mehr als 100 Hörern sind vorwiegend theoretisch. Praktische Fälle und Rechtsprechung spielen nur eine untergeordnete Rolle. Auch wenn die theoretischen Themen in Bezug auf den Gesetzestext besprochen werden, ist es nicht üblich, dass alle Studenten das Gesetz zur Vorlesung mitbringen, was die Abhandlungen noch abstrakter macht. Eine aktive Beteiligung der Studenten oder Einbeziehung der Studenten durch die Professoren findet kaum statt. Die Studenten versuchen, möglichst genau mitzuschreiben, was der Professor sagt, da sich die Prüfungen exakt auf das Durchgenommene beziehen. Die meisten spanischen Studenten beschränken sich daher auf das Studium ihrer Mitschriften und schaffen sich keine Lehrbücher an.

Zusätzlich gibt es vereinzelt "clases prácticas", in denen Fälle gelöst werden. AGs bzw. Unterricht in Kleingruppen finden nicht statt. Regelmäßige Mitarbeit wird von den Studenten nicht erwartet.

bullet Studienbegleitende Prüfungen

Im alten Studiensystem waren die Kurse in Jahre eingeteilt und zum Halbjahr fanden lediglich nicht obligatorische Zwischenprüfungen statt ("parciales"). Im Juni gab es dann die Schlussprüfungen ("finales"), deren Umfang sich jedoch halbierte, wenn man die Zwischenprüfung bestanden hatte.

Nach dem neuen System dauern Kurse nur noch ein Semester und werden folgerichtig auch mit einer Klausur am Ende des Semesters abgeschlossen. Für alle Prüfungen des Jahres gibt es die Möglichkeit, im Semester eine Nachprüfung ("convocatoria") abzulegen. Wer auch diese nicht besteht, muss sich erneut für den Kurs einschreiben und dafür eine Strafgebühr bezahlen.

Jede Prüfung kann mehrfach wiederholt werden; an der Universität Carlos III in Madrid beispielsweise 4 Mal, an anderen Hochschulen ist die Zahl in der Regel höher.

Die Prüfungen beziehen sich direkt auf die Vorlesungen und zur Vorbereitung darauf müssen die Studenten nur ihre Vorlesungsmaterialien kennen. Die Vorbereitung durch Lehrbücher wird nicht verlangt. Skripten existieren es in Spanien überhaupt nicht.

Mündliche Prüfungen gibt es in Spanien kaum. Schriftliche  Prüfungen dauern meist zwei Stunden. Sofern theoretische Fragen behandelt werden, ist kein Gesetzestext zugelassen, während man bei Falllösungen (die vor allem im öffentlichen Recht verlangt werden) einen Gesetzestext benutzen darf. Diese Prüfungen bestehen aus einer von drei Formen:

1. Es werden vier abstrakt-theoretische Fragen zu in den Vorlesungen behandelten Themen gestellt, von denen 3 beantwortet werden müssen.
2. Der Vorlesungsstoff wird in kurzen, konkreten Fragen geprüft. Beispielhaft seien Begriffsdefinitionen und die Erläuterung einer bestimmten Rechtsfigur genannt.
3. Multiple-Choice-Tests (oft nur eine Stunde Bearbeitungszeit).

In manchen Prüfungen wird als Teilaufgabe auch eine Falllösung verlangt. Die Art der Prüfung ist aber auch von Professor und Universität abhängig. Prüfungen können auch mündlich stattfinden. Beispielsweise in Laguna, Teneriffa, finden hauptsächlich mündliche Prüfungen statt.

Die Durchfallquoten liegen bei 30 - 35 %. Hinzu kommt, dass sich viele Studenten (50% laut Angaben der Universidad de Zaragoza, Estadística de Calificaciones, Tercera Convocatoria, 2001-2002) erst gar nicht zu den Prüfungen, für die sie im laufenden "curso" eingeschrieben waren, präsentieren. Höchstens 5% der Prüfungen werden mit "matrícula del honor" bewertet.

Klausurbeispiele:

- Zivilrecht I, "Endklausur" Juni 1996
- Klausur des internationalen Privatrechts, Seite 1 und
Seite 2
- Arbeitsrecht, "Zwischenklausur", Seite 1 und Seite 2
- Verwaltungsrecht II, "Endklausur" Juni 1991
- Verfassungsrecht
, "Zwischenklausur" Dezember 1995

Praktischer Fall: Arbeitsrecht, Seite 1 und Seite 2

bullet Art der Abschlussprüfung

Es gibt keine umfassende Abschlussprüfung. Vielmehr werden die einzelnen Fächer im jeweiligen Studienabschnitt geprüft. Mit dem Abschluss des Studiums erwirbt der Student den Titel "Licenciado".

bullet Ausbildungszeitschriften

Die Zeitschrift "Juegos Juridicos" versucht, juristische Materien auf spielerische Weise näherzubringen. Sie enthält Kreuzworträtsel, Frage-Antwort-Spiele, Multiple-Choice-Tests und viele Bilder.

bullet Kommerzielle Lehrangebote

Da es in Spanien keine umfassende universitäre Abschlussprüfung gibt, besteht auch kein Bedarf für Repetitorien.

bullet Spezialisierungsmöglichkeiten

Der Student darf jedes Jahr 1 - 3 Wahlfachvorlesungen wählen. Diese stellen insgesamt einen Anteil von 20 - 30 % von den gesamten zu absolvierenden Kursen dar. Der spanische Student wird also zum Einheitsjuristen ausgebildet. Das Wahlfach hat eine ähnliche Bedeutung wie in Deutschland.

Eine wirkliche Spezialisierung findet erst nach dem Studium statt. Dies geschieht in der Regel von Anfang an, das heißt mit dem Beginn der Praktikantenzeit. Denn der Praktikant wird meist nur in ein Rechtsgebiet eingewiesen (aufgrund der Spezialisierung des einweisenden Anwalts oder weil die Kanzlei eine entsprechende Vakanz hat). Nach dem Praktikum wird der junge Anwalt dann viel leichter ein Stelle in seiner Spezialisierung finden.

bullet Auslandsbezug

Die spanischen Universitäten haben selbstverständlich zahlreiche Austauschprogramme im Rahmen des Sokrates/Erasmus-Schemas. Das Erasmus-Studium wird in der Regel auf das spanische Studium angerechnet, sodass (im Unterschied zu beispielsweise Deutschland) keine Studienverlängerung damit einhergeht.

Ein besonderes Programm bietet beispielsweise die Universität Complutense Madrid: Der vierjährige Studienplan sieht vor, die ersten beiden Jahre in Madrid zu studieren, die letzen beiden in Paris. In Paris wird dabei hauptsächlich spanisches Recht gelehrt, nur 2 Kurse betreffen französisches Recht. Die Bewerber müssen französische Sprachkenntnisse vorweisen. Ein ähnliches Programm bietet die Universidad Autónoma de Madrid in einer Partnerschaft mit der Universität von Florenz an.

Link: Partneruniversitäten der rechtswissenschaftlichen Fakultät Salamanca

Studienplan des spanisch-französischen Programms der Universität Complutense Madrid

bullet Praxisbezug

Vor der Studienreform von 2000 war das Studium ein rein theoretisches. Dies wurde als Problem erkannt, sodass nun in den letzten beiden "Cursos" eine praktische Veranstaltung angeboten wird. Im Großen und Ganzen bleibt das Studium jedoch sehr theoretisch. Fallbearbeitung wird von den Studenten - wenn überhaupt - erst in der Ausbildung zum Richter, Staatsanwalt oder Notar erwartet.

bullet Vertiefungsmöglichkeiten

1. Doctorado
Grundvoraussetzung der Promotion in Spanien ist das Ableisten einer dem Grundstudium vergleichbaren Ausbildung, die mindestens 2 Jahre dauert. In dieser Zeit muss der Student Kurse belegen und Prüfungen bestehen. Im Anschluss daran hat er eine schriftliche Arbeit abzufassen, die einen Umfang von 30-40 Seiten aufweist. Diese Arbeit muss der Promotionsstudent vor einem Gericht verteidigen. Im Durchschnitt benötigt man  4 Jahre, um den Doktortitel zu erlangen.

Die Promotion ist Grundvoraussetzung für Forschung und Lehre in Spanien. Für außeruniversitäre Berufszweige hat der Doktortitel jedoch so gut wie keine Bedeutung.

2. Master de Práctica de Derecho - Master der Rechtspraxis
Diese Zusatzqualifikation kostet ja nach Universität 2000 - 10000 Euro und dauert in der Regel ein Jahr. Den Studenten wird hier in einzelnen Rechtsgebieten beigebracht, wie man Schriftsätze und Klagen verfasst oder wie Verfahren in der Gerichtspraxis abgewickelt werden. Es werden folglich nicht die theoretischen Konzepte der Universitätsausbildung angewandt, sondern auf die Vermittlung der praktischen Anwendung des Rechts aus anwaltlicher Sicht Wert gelegt.

bullet Berufszugang
 

bullet

Anwaltschaft

In Spanien wurde bereits am 30. Oktober 2006 eine neue gesetzliche Regelung zur Zulassung für den Anwaltsberuf verabschiedet. Mit dem Gesetz Ley 34/2006, de 30 de octubre, sobre el acceso a las profesiones de Abogado y Procurador de los Tribunales, welches 5 Jahre nach der Veröffentlichung, somit am 1. November 2011 in Kraft tritt, wird nun eine Anwaltsprüfung eingeführt. Frühere Reformbemühungen verschiedener Regierungen eine Anwaltsprüfung einzuführen waren bis dahin gescheitert.

Bisweilen erwirbt ein Hochschulabsolvent mit dem erfolgreichen universitären Abschluss, der „Licenciado“, das Recht als Anwalt tätig zu werden. Nach dem 1. November 2011 bedarf es einer 3-jährigen Praxis mit anschließender Qualifikationsprüfung um sich bei der Rechtsanwaltskammer als Anwalt einschreiben zukönnen.

Link: Bericht zum Gesetz „Ley 34/2006“

Das Justizministerium („Ministerio de Justicia“) erarbeitete am 10. Dezember 2008 einen Entwurf zur Einrichtung von Vorbereitungsschulen. Mit dieser Verordnung bedarf es eines Postgraduiertenausbildung  in Form eines Masterabschlusses für die Anwaltsausbildung. Hierfür werden Anwaltsschulen eingerichtet.

Links: Gesetzesvorschlag des „Ministerio de Justicia“

        Kritik in „Lex Nova“ Enero / Marzo 2007

Im Folgenden wird auf die gegenwärtigen Regelungen zur Aufnahme der Anwaltstätigkeit eingegangen.

I. Abogado

Der Hochschulabsolvent kann sich direkt bei der Rechtsanwaltskammer ("Colegio de Abogados") als Anwalt einschreiben. Alle Reformbemühungen verschiedener Regierungen, die eine Anwaltsprüfung einführen wollten sind, gescheitert.

Wegen der sehr theoretischen Ausbildung an der Universität arbeiten die neu zugelassenen Rechtsanwälte jedoch in der Regel in den ersten ein bis zwei Jahren mehr oder weniger kostenlos in einer Kanzlei. Diese Zeit wird in Spanien als "Pasantía" bezeichnet. Es ist schwer, einen solchen Platz zu bekommen, und da die "Pasantía" nicht gesetzlich geregelt ist, unterscheiden sich die Modalitäten sehr stark. Viele Praktikanten müssen "Lehrgeld" zahlen oder zumindest kostenlos arbeiten. Nur wenige Praktikanten (z.B. von Privatunis) haben die Chance, das Praktikum bezahlt zu bekommen.

II. Procurador

Der Procurador ist ein Prozessanwalt, der wohl am ehesten mit dem englischen Barrister vergleichbar ist. In Spanien ist es den Bürgern und auch den Abogados in fast allen Situationen verwehrt, sich mit Begehren selbst und unmittelbar an das Gericht zu wenden. Hierzu ist die Zwischenschaltung des Procurador erforderlich, der seinerseits von einem Abogado kontaktiert und mit Schriftsätzen versorgt wird. Der Abogado muss dann dem Procurador notarielle Vollmacht für die Vertretung erteilen. Auch für den Beruf des Procurador ist nur die "Licenciado en Derecho", also der juristische Universitätsabschluss, nötig.

bullet Öffentliche Verwaltung

Um Staatsanwalt zu werden, muss der Bewerber zunächst die "oposición", eine mündliche Prüfung, bestehen. Der Bewerber muss sich 291 Themen aus den Bereichen Verfassungsrecht, Zivilrecht, Strafrecht, Zivilprozessrecht, Strafprozessrecht, Verwaltungsrecht, Handelsrecht und Arbeitsrecht aneignen. Die einzelnen Themen haben einen Umfang von etwa 10 Seiten. Der Bewerber muss dieses Wissen nahezu auswendig beherrschen. Zusätzlich müssen Strafgesetzbuch und Verfassung auswendig gelernt werden. Der Bewerber kann sich dieses Wissen entweder autodidaktisch, per e-learning  oder mit Hilfe eines privaten Repetitors oder einer Akademie aneignen. Die Vorbereitung erfolgt mit von den Repetitoren empfohlener Spezialliteratur, manche Akademien bieten auch eigene Skripten, die sich besonders eng an den Prüfungsstoff anlehnen, an.

Link zum Repetitorium: jurispericia
Link zum Repetitorium zu den "Oposiciones a Jueces y Fiscales": CEF "Centro de Estudios Financieros"
Link zu einer Literatur- und einer Themenliste zur "oposición" :
buscaoposiciones

Erforderlich ist eine disziplinierte, kontinuierliche Prüfungsvorbereitung (vergleichbar der deutschen Examensvorbereitung), die mindestens 20 Monate dauert. Hierbei muss nicht nur Wissen, sondern auch Falllösungskompetenz erlernt werden. Obwohl es viele verschiedene Repetitoren und Akademien gibt, lässt sich doch sagen, dass alle nach folgendem Grundprinzip vorgehen: Zuerst werden alle Themen durchgearbeitet. Dann folgt eine Wiederholung in derselben Reihenfolge. Abschließend werden alle Themen nochmals ohne Reihenfolge wiederholt.

Die Prüfung wird zentral vom spanischen Justizministerium veranstaltet und findet in Madrid oder Barcelona statt. Sie besteht aus drei Teilen. Zuerst muss der Prüfling einen Multiple-Choice-Test ablegen. Innerhalb einer Stunde müssen ca. 120 Fragen beantwortet werden. Einige Wochen später müssen vor einer aus  Richtern und Staatsanwälten bestehenden Kommission fünf per Los festgelegte Themen möglichst wortgetreu rezitiert werden. Hierfür stehen dem Prüfling 15 Minuten pro Thema zur Verfügung.

Nur ca. 5 % der ursprünglichen Bewerber erreichen die dritte Stufe. Diese läuft wie die zweite Prüfung ab, allerdings mit anderen Themen (Zivilprozessrecht, Strafprozessrecht, Handelsrecht, Verwaltungsrecht, Arbeitsrecht). Diese letzte Prüfung bestehen genau so viele Bewerber, wie es offene Stellen gibt. Um ca. 150 Stellen pro Jahr kämpfen bis zu 5000 Bewerber. Der erfolgreiche Bewerber muss nicht nur über exaktes Wissen, sondern durch die Auslosung der Themen auch eine gewisse Portion Glück haben. Gescheiterte Bewerber haben beliebig viele Wiederholungsversuche (in den kommenden Jahren).

Mit dem Bestehen der dritten Prüfung kann der Prüfling den Beruf des Staatsanwalts ausüben.

bullet Richterschaft

Um Richter zu werden, muss der Bewerber zunächst die "oposición", eine mündliche Prüfung, bestehen. Der Bewerber muss sich 348 Themen aus den Bereichen Verfassungsrecht, Zivilrecht, Strafrecht, Zivilprozessrecht, Strafprozessrecht, Verwaltungsrecht, Handelsrecht und Arbeitsrecht aneignen. Die einzelnen Themen haben einen Umfang von etwa 10 Seiten. Der Bewerber muss dieses Wissen nahezu auswendig beherrschen. Zusätzlich müssen Strafgesetzbuch und Verfassung auswendig gelernt werden. Der Bewerber kann sich dieses Wissen entweder autodidaktisch, per e-learning (www.oposicion.com) oder mit Hilfe eines privaten Repetitors oder einer Akademie aneignen. Die Vorbereitung erfolgt mit von den Repetitoren empfohlener Spezialliteratur, manche Akademien bieten auch eigene Skripten, die sich besonders eng an den Prüfungsstoff anlehnen, an.

Erforderlich ist eine disziplinierte, kontinuierliche Prüfungsvorbereitung (vergleichbar der deutschen Examensvorbereitung), die ca. 2 - 4 Jahre dauert. Hierbei muss nicht nur Wissen, sondern auch Falllösungskompetenz erlernt werden. Obwohl es viele verschiedene Repetitoren und Akademien gibt, lässt sich doch sagen, dass alle nach folgendem Grundprinzip vorgehen: Zuerst werden alle Themen durchgearbeitet. Dann folgt eine Wiederholung in der selben Reihenfolge. Abschließend werden alle Themen nochmals ohne Reihenfolge wiederholt.

Die Prüfung wird zentral vom spanischen Justizministerium veranstaltet und findet in Madrid oder Barcelona statt. Sie besteht aus drei Teilen. Zuerst muss der Prüfling einen Multiple-Choice-Test ablegen. Innerhalb einer Stunde müssen ca. 120 Fragen beantwortet werden. Einige Wochen später müssen vor einer aus  Richtern und Staatsanwälten bestehenden Kommission fünf per Los festgelegte Themen möglichst wortgetreu rezitiert werden. Hierfür stehen dem Prüfling 15 Minuten pro Thema zur Verfügung.

Nur ca. 5 % der ursprünglichen Bewerber erreichen die dritte Stufe. Diese läuft wie die zweite Prüfung ab, allerdings mit anderen Themen (Zivilprozessrecht, Strafprozessrecht, Handelsrecht, Verwaltungsrecht, Arbeitsrecht). Diese letzte Prüfung bestehen genau so viele Bewerber, wie es offene Stellen gibt. Um ca. 200 Stellen pro Jahr kämpfen über 5000 Bewerber. Der erfolgreiche Bewerber muss nicht nur über exaktes Wissen, sondern durch die Auslosung der Themen auch eine gewisse Portion Glück haben. Gescheiterte Bewerber haben beliebig viele Wiederholungsversuche (in den kommenden Jahren).

Die erfolgreichen Prüflinge werden nun 2 Jahre lang an der "escuela judicial" ausgebildet. Im ersten Jahr werden nochmals theoretische Kenntnisse vermittelt. Im zweiten Jahr dürfen sie dann als "Jueces adjuntos" (beigeordnete Richter) unter Aufsicht eines Tutors bei Gerichten erster Instanz arbeiten.

Link: Portal rund um die Richterlaufbahn

bullet Notariat

Auch für die Ausübung des Notarberufes müssen "oposiciones" abgelegt werden, um die an der Universität erhaltenen Kenntnisse zu erweitern und den Erfordernissen dieser Profession anzugleichen. Der Aspirant muss 372 Themen vorbereiten. Im Gegensatz zur Vorbereitung zum Dienst als Richter oder Staatsanwalt gibt es für die Notare nur ein ein Repetitorium in Madrid. Dieses findet in einer von der Notarkammer abhängigen Akademie statt, welche ständig überlaufen ist und an der man daher nur über Stipendien oder Wartelisten einen Platz bekommen kann. Die Akademie unterrichtet in Arbeitsgruppen von bis zu zehn Personen, geleitet von einem erfahrenen Notar und einem gerade zugelassenen Notar, der mit der Prüfungsmaterie noch vertraut ist. Es wird regelmäßig der freie mündliche Vortrag von Themen eingeübt. Später wird dann das Erstellen von Rechtsgutachten eingeübt. Das nötige Wissen wird anhand von Lehrbüchern, aber auch durch skriptenähnliche Zusammenfassungen erworben. Erforderlich ist eine disziplinierte, kontinuierliche Prüfungsvorbereitung (vergleichbar der deutschen Examensvorbereitung), die 4-5 Jahre dauert.

Die Prüfung besteht aus vier Teilen. Die ersten beiden Teile sind mündlich. Es müssen jeweils 4-5 Themen dargestellt werden. Der dritte Teil sieht die Bearbeitung eines konkreten Falles durch die Anfertigung eines Rechtsgutachtens innerhalb von sechs Stunden vor, wobei es gestattet ist, unkommentierte Gesetzestexte zu verwenden. Im vierten Teil wird das Ausfertigen einer öffentlichen Urkunde sowie das Erstellen eines Steuerbescheides verlangt.

Es gibt pro Jahr 100 - 120 offene Stellen. Kandidaten, die die ersten beiden Prüfungsteile bestanden haben, haben eine Stelle so gut wie sicher. Die letzten beiden Prüfungsteile sind nur noch für die Note wichtig. Die Anzahl der Notare ist staatlich beschränkt auf einen Notar auf 15000 Einwohner.

Links:    Consejo General del Notariado de España (Notarkammer)
            Deutsch-Spanische Juristenvereinigung